Aufbruch, Abbruch, Wiederkehr – Frauenbewegung und Soziale Arbeit

veröffentlicht 20. September 2021

Das Alice Salomon Archiv der ASH Berlin beschäftigt sich in seiner aktuellen DDF-Projektförderung mit der bürgerlichen Frauenbewegung und der Geschichte der Sozialen Arbeit. Die Jahre 1890 bis 1955 stehen dabei im Fokus. Sie lassen sich in drei zentrale Zeitabschnitte teilen: Betrachtet werden der Aufbruch der Sozialen Arbeit als Profession und Frauenberuf am Ende des 19. bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts, ihr Abbruch in der NS-Zeit und schließlich ihre Wiederkehr nach dem Zweiten Weltkrieg.

In der Phase des Aufbruchs gab es eine enge Verbindung der Entwicklung der Sozialen Arbeit als (Frauen-)Beruf mit der bürgerlichen Frauenbewegung. In der NS-Zeit kam es dann durch die nationalsozialistische Politik zu einem Abbruch der gemeinsamen Entwicklung von Frauenbewegung und Sozialer Arbeit. Akteurinnen gingen zwangsweise ins Exil, wie beispielsweise Alice Salomon, oder wurden deportiert. Es gab auch Mitläuferinnen und Täterinnen, die im Projekt kritisch kontextualisiert werden. Nach 1945 geht es zentral um Wiedergutmachungsprozesse und um die Wiederaufnahme der Errungenschaften der Vorkriegszeit und somit einer möglichen Weiterverfolgung bestehender Konzepte zur Sozialen Arbeit als Frauenberuf.

Eine Sammelmappe der Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit, Akten der Sozialen Frauenschule in Berlin-Schöneberg, Briefe von Alice Salomon sowie ein Manuskript der Autobiografie Alice Salomons erzählen diese Geschichte der Sozialen Arbeit. Alle genannten Materialien sind zentrale Zeitdokumente, die im Rahmen des Projekts erschlossen werden.

Sammelmappe
Urheber*in/Rechteinhaber*in: Alice Salomon Archiv der ASH Berlin
Lizenz
Rechteangabe
  • Urheber*in/Rechteinhaber*in: Alice Salomon Archiv der ASH Berlin
  • CC BY 4.0
Sammelmappe der Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit vor der Restaurierung

Die Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit agierten zwischen 1893 und 1933. Die Sammelmappe zu den Gruppen wurde um 1900 angelegt und von Hand gefertigt. Sie zeigt anhand von Ankündigungen und Programmflyern, mit welchen Themenfeldern sich die Mädchen- und Frauengruppen beschäftigt haben. Diese Mappe ist als Originaldokument einzigartig, weil es aus dieser Zeit, den Anfängen der Sozialen Arbeit, sonst kaum Materialien gibt. Bevor sie digitalisiert werden konnte, wurde sie aufwändig restauriert, weil sie sich in einem fragilen Zustand befand. Dafür wurde sie gänzlich auseinandergenommen, wobei bisher verborgene Rückseiten mit Notizen zu Adressen und Ähnliches entdeckt werden konnten.

Das Archiv pflegt seit Jahren Kontakt zur Familie von Alice Salomon und erhält immer wieder Archivalien wie Briefe und Fotos. Durch diese guten Verbindungen ist auch das genannte Manuskript ihrer Autobiografie nach Berlin gekommen. Salomon hat zu Lebzeiten vergeblich um die Veröffentlichung dieses Werkes – das schließlich 2008 unter dem Titel Character is Destiny veröffentlicht wurde – gekämpft. Diverse Textanmerkungen von Verlegern sowie ihre eigenen Notizen sind im Manuskript erhalten.

Das Alice Salomon Archiv wurde 2001 gegründet. Als öffentliches Archiv bildet es mit dem Archiv des Pestalozzi-Fröbel-Hauses das Archiv- und Dokumentationszentrum für soziale und pädagogische Frauenarbeit.

Das DDF-Projekt vom Alice Salomon Archiv ist am 1. Januar 2021 gestartet und hat eine Laufzeit von 12 Monaten. Dabei entstehen Essays über die drei herausgearbeiteten Zeitabschnitte. Bekannte und weniger bekannte Akteurinnen der Sozialen Arbeit wie Jeanette Schwerin, Adele Beerensson oder Isa Gruner werden sichtbar gemacht. Rechte werden geklärt. Die Sammelmappe der Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit, Akten der Sozialen Frauenschule in Berlin-Schöneberg, Briefe von Alice Salomon und das kommentierte Manuskript zu Alice Salomons Autobiografie werden digitalisiert – für noch mehr Frauenbewegungsgeschichte im DDF.

Ausgewählte Beiträge vom Alice Salomon Archiv im DDF:

Stand: 20. September 2021

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